Österreichische Akademie für Psychologen | ÖAP

Die Macht der Erwartungen - Über Placebo- und Nocebo-Effekte

 18.04.2024 von 18:30 bis 20:00 Uhr | Zoom

Details

Die Macht der Erwartungen - Über Placebo- und Nocebo-Effekte und ihre Bedeutung für die Psychotherapie

In klinischen Studien finden sich oftmals erstaunliche Verbesserungen bei Patienten/-innen, die in den Placebo-Gruppen sind, aber gleichzeitig auch viele Berichte auf Nebenwirkungen ("Nocebo-Effekte"), obwohl nur eine "Zuckerpille" eingenommen wurde. Verschiedene psychologische Mechanismen tragen zu diesen Effekten bei, wie zum Beispiel Patientenerwartungen an den Behandlungserfolg, frühere Behandlungserfahrungen von Patienten/-innen, Wahlfreiheit von Patienten/-innen, das Vertrauen in die Behandler, oder der subjektive Wert einer Behandlung.
Die letzten Jahre haben spannende neue Erkenntnisse erbracht, um die Kausalität sowie psychobiologischen Wirkpfade dieser Effekte besser zu belegen. Anhand einer Therapiestudie zur psychologischen Operationsvorbereitung bei Herzchirurgie-Patienten wird beispielhaft aufgezeigt, wie die Optimierung von Patientenerwartungen selbst bei hoch-invasiven Eingriffen dazu beiträgt, dass es Patienten/-innen sechs Monate nach der OP deutlich besser geht. Somit steht man nun am Beginn der systematischen Nutzung von Placebo-Mechanismen und Vermeidung von Nocebo-Mechanismen bei klinischen Anwendungen.
Diese Befunde haben auch für die Behandlung psychischer Erkrankungen besondere Bedeutung. Viele psychische Erkrankungen können darüber hinaus als "Störungen von Patientenerwartungen" konzeptionalisiert werden, und auch Psychotherapie unterschiedlicher Therapieschulen zielt oftmals auf eine Modifikation von Patientenerwartungen ab. Daraus lassen sich jedoch auch Schlussfolgerungen ableiten, wie bestehende psychotherapeutische Ansätze unter Berücksichtigung dieser Erkenntnisse weiter verbessert werden können, und "treatment failure" vermieden werden können. Hierzu werden praktische Anwendungsbeispiele vorgestellt.

Referent: Prof. Dr. Winfried Rief, Professor für klinische Psychologie und Psychotherapie, Philipps Universität Marburg. Leiter der Psychotherapie-Ambulanz Marburg und des postgradualen Ausbildungsgangs für Psychotherapie. Approbierter psychologischer Psychotherapeut und Supervisor.
Professor Rief arbeitete viele Jahre in psychiatrischen und psychosomatischen Kliniken, bevor er im Jahr 2000 das Angebot einer Professur an der Philipps Universität annahm. Er spezialisierte sich auf somatoforme Beschwerden, Klassifikation chronischer Schmerzsyndrome und in neuerer Zeit zunehmend auf die Themen Placebo- und Nocebo-Mechanismen. Die Initiative einer Arbeitsgruppe unter seiner Leitung führte 2009 zur Einführung der neuen Diagnose "chronische Schmerzen mit psychischen und somatischen Faktoren" (ICD-10 GM F45.41). Als Co-Chair zusammen mit Professor Treede und einer entsprechenden internationalen Arbeitsgruppe entwickelte er ein neues Klassifikationssystem für chronische Schmerzen, das 2019 in den finalen Entwurf von ICD-11 aufgenommen wurde.
Als Sprecher einer DFG- Forschergruppe arbeitete er an Placebo- und Nocebo- Mechanismen bei verschiedenen körperlichen Krankheiten (Herzchirurgie, Schmerzsyndrome, Depressionen). Von 2011 bis 2020 war Professor Rief DFG-Fachkollegiat, auch in der entsprechenden DFG-Gruppe für klinische Studien. Er war Gastprofessor an den Universitäten Harvard Medical School, Boston (2004/2005), University of Auckland, Medical School (2002), und University of California San Diego (2009/2010). Er erhielt verschiedene wissenschaftliche Preise, unter anderem den Distinguished Researchers Award in Behavioral Medicine 2014 und den Preis der Europäischen Psychosomatischen Medizin EAPM 2020 und ist Ehrenmitglied der DGPs seit 2020.

Um Anmeldung wird bis spätestens 17.04.2024 gebeten.

Laut Begutachtung durch den BÖP wird die Veranstaltung im Ausmaß von 2 Einheiten als Fortbildung laut Psychologengesetz 2013, BGBl. I 182/2013 anerkannt.

Wir weisen Sie darauf hin, dass die Aufzeichnung von Online-Veranstaltungen - auch für den privaten Gebrauch - unzulässig ist. Eine solche Aufnahme greift in die Persönlichkeitsrechte der Vortragenden sowie der erkennbaren TeilnehmerInnen ein und stellt einen Verstoß gegen die DSGVO dar.

Referent/in

Prof. Dr. Winfried Rief

Veranstaltet von

  • Fachsektion Klinische Psychologie
  • Fachsektion Psychotherapie

Veranstaltungsort

Online via Zoom