Österreichische Akademie für Psychologen | ÖAP

Traumabindung und Identifikation mit dem Aggressor

 10.09.2025 von 18:00 bis 20:00 Uhr | Zoom

Details

Traumabindung und Identifikation mit dem Aggressor: Dynamiken verstehen, kPTBS erkennen, therapeutisch handeln

Überlebende interpersoneller Gewalt entwickeln nicht selten sogenannte Traumabindungen - intensive, paradoxe emotionale Verbindungen zu den Täter:innen, die gerade durch Gewalt, Kontrolle und Manipulation aufrechterhalten werden. Diese Bindungen beruhen auf komplexen Schutzmechanismen, wie sie bereits Ferenczi (1932) unter dem Begriff der Identifikation mit dem Aggressor (IWA) beschrieben hat. In einem Kontext anhaltender Gewalt und ungenügender externer Unterstützung übernehmen Betroffene unbewusst Denk- und Verhaltensmuster der Täter:innen - ein Überlebensmechanismus, der kurzfristig psychische Stabilität sichern kann, langfristig jedoch das Risiko für komplexe Traumafolgestörungen erhöht.

In der Fachliteratur finden sich unterschiedliche Begriffe für dieses Phänomen: Stockholm-Syndrom, traumatische Bindung, Zwangsloyalität, Loverboy-Bindung oder Trauma-Coerced Attachment (TCA). Ihnen allen gemeinsam ist ein Wechselspiel aus Angst, intermittierender Zuwendung und emotionaler Abhängigkeit.

Aktuelle Studien zeigen, dass eine ausgeprägte IWA mit einem bis zu fünfmal höheren Risiko für die Entwicklung einer komplexen posttraumatischen Belastungsstörung (kPTBS) einhergeht.

Inhalt und Ziel des Referats:
Das Referat beleuchtet die konzeptuelle Vielfalt der Täter-Opfer-Bindung, stellt aktuelle neuropsychologische und empirische Erkenntnisse vor und diskutiert praxisrelevante Implikationen für Diagnostik und Therapie. Im Zentrum stehen Fragen wie:
" Wie lassen sich Traumabindungen im therapeutischen Prozess erkennen und differenzieren?
" Welche diagnostischen Hinweise sprechen für eine ausgeprägte IWA?
" Welche Interventionsansätze bieten sich an, um Betroffene zu stabilisieren und Bindungsdynamiken zu bearbeiten?

Das Referat richtet sich an PsychologInnen und Gutachter:innen, die mit komplex traumatisierten Menschen arbeiten - insbesondere mit Betroffenen von häuslicher Gewalt in Partnerschaften, emotionaler, körperlicher oder sexualisierter Gewalt in der Kindheit, Menschenhandel oder organisierter Ausbeutung.

Referent: Jan GYSI ist Facharzt für Psychiatrie, arbeitet derzeit am "SOLLIEVO", Interdisziplinären Zentrum für Psychische Gesundheit" in Bern, war Präsident des Organisationskomitees des Kongresse der "Europäischen Gesellschaft für Trauma & Dissoziation ESTD" im Kursaal Bern, ist Co-Herausgeber des Buches "Handbuch Sexualisierte Gewalt - Therapie, Prävention, Strafverfolgung" sowie "Diagnosing the Psychological Consequences of Trauma - A Multiaxial Trauma-Dissociation Model" und "Diagnosik von Traumafolgestörungen". Er beschäftigt sich sehr mit Forschung und Lehre im Bereich der Traumapsychologie.

Um Anmeldung wird bis spätestens 09.09.2025 gebeten.

Laut Begutachtung durch den BÖP wird die Veranstaltung im Ausmaß von 2 Einheiten als Fortbildung laut Psychologengesetz 2013, BGBl. I 182/2013 anerkannt.

Wir weisen Sie darauf hin, dass die Aufzeichnung von Online-Veranstaltungen - auch für den privaten Gebrauch - unzulässig ist. Eine solche Aufnahme greift in die Persönlichkeitsrechte der Vortragenden sowie der erkennbaren TeilnehmerInnen ein und stellt einen Verstoß gegen die DSGVO dar.

Referent/in

Dr. Jan GYSI, Bern

Veranstaltet von

  • Fachsektion Rechtspsychologie

Landesgruppen / Fachsektionen

  • Fachsektion Rechtspsychologie

Veranstaltungsort

Online via Zoom