Gesundheitspsychologie-Plattform
Healthy Minds - Psychische Gesundheit rund um die Geburt
Beschreibung: Psychische Erkrankungen rund um Schwangerschaft und Geburt betreffen etwa jede fünfte Mutter und jeden zehnten Vater. In Österreich fehlen bislang systematische Daten, spezialisierte Versorgungsangebote sind ungleich verteilt und im Rahmen des Eltern-Kind-Passes gibt es keine flächendeckende, standardisierte Früherkennung. Stigmatisierung, gesellschaftlicher Druck und fragmentierte Versorgungsstrukturen erschweren den Zugang zu Hilfe. Besonders in Tirol zeigen sich regionale Unterschiede und Versorgungslücken. Die bestehenden Angebote konzentrieren sich stark auf die Akutversorgung, präventive Ansätze gibt es jedoch kaum. Es fehlt zudem an spezialisierten Fachkräften und interdisziplinären Netzwerken. Diese Ausgangslage macht die Entwicklung kollaborativer, lokal angepasster Unterstützungsmodelle dringend notwendig.
Das Projekt richtet sich an werdende und frischgebackene Eltern in Tirol, die von psychischen Belastungen betroffen sind oder aufgrund von gewissen Umständen gefährdet sind, solche zu entwickeln. Ziel ist es, niedrigschwellige, nicht-stigmatisierende Unterstützungsangebote zu schaffen, die Eltern frühzeitig erreichen und ihre psychische Gesundheit stärken. Darüber hinaus sollen Fachkräfte und Institutionen besser vernetzt werden, um einen koordinierten Versorgungspfad sicherzustellen. Ein weiterer Fokus liegt auf der Sensibilisierung der Öffentlichkeit, um Tabus zu durchbrechen und gesellschaftliche Erwartungen kritisch zu reflektieren. Die Forschung verfolgt einen partizipativen Ansatz, der Betroffene aktiv einbindet. So wird gewährleistet, dass die entwickelten Maßnahmen praxisnah, bedarfsgerecht und nachhaltig sind. Langfristig sollen die Ergebnisse auch auf andere Regionen Österreichs übertragbar sein.
Unser Projekt basiert auf einem interdisziplinären, qualitativ-explorativen Forschungsdesign im Rahmen von Open Innovation Science. Zentrale Methoden sind Interviews mit ExpertInnen und Betroffenen, Versorgungsanalysen sowie Co-Design-Workshops mit Stakeholdern. In vergangenen Workshops wurden zentrale Handlungsfelder identifiziert und Interventionen gemeinsam entwickelt. Dazu gehören u.a. ein mobiles Home-Treatment-Service, ein interdisziplinärer „Runder Tisch“ sowie eine öffentliche Awareness-Kampagne, welche im Rahmen zweier verschiedener Kunstprojekte umgesetzt wird (Forumtheater nach Armin Staffler + Solange Projekt nach Katharina Cibulka). Diese Interventionen werden in einem mehrstufigen Prozess konzipiert und evaluiert. Mixed-Methods-Ansätze (z.B. Befragungen, Posterfeedback, Fokusgruppen) sichern die wissenschaftliche Qualität. Parallel werden internationale Best-Practice-Beispiele herangezogen und auf den Tiroler Kontext übertragen.
Webseite: https://healthy-minds.i-med.ac.at
Laufzeit: Das Projekt startete im April 2022 und läuft bis Ende März 2027.
Bisherige Erfolge: Seit Projektbeginn wurden über 50 qualitative Interviews mit Fachkräften und Eltern durchgeführt und insgesamt fanden fünf interdisziplinäre Workshops statt. Daraus entstanden drei priorisierte Interventionskonzepte, die aktuell in die Implementierung gehen. 2024 wurde die erste Spezialambulanz für perinatale Psychiatrie in Tirol eröffnet, initiiert durch unser Projektmitglied Dr. Christine Hörtnagl. Erste Awareness-Materialien wurden entwickelt und beim ÖGPH-Kongress sowie der Langen Nacht der Forschung präsentiert. Zudem wurden mehrere wissenschaftliche Publikationen veröffentlicht, u. a. zu Peer-Support, Screening-Instrumenten für Väter und stigmatisierenden Narrativen. Der partizipative Ansatz stieß auf großes Interesse und führte zur Übernahme von Konzepten in andere Bundesländer (z. B. Graz). Außerdem entsteht aktuell eine internationale Kooperation mit PANDA (Perinatal Anxiety and Depression), um einen bewährten Self-Screening Ansatz auf österreichische Bedürfnisse anzupassen.
Einreichende Organisation/ Person: Medizinische Universität Innsbruck (MUI)
Gesundheitspsychologie-Plattform