Gesundheitspsychologie-Plattform
Peer-Com, psychosoziale Peer-Begleitung
Beschreibung: Trotz wachsender Anerkennung von Peer-Arbeit fehlt es bislang an belastbarer empirischer Evidenz zu ambulanten Peer-Angeboten im deutschsprachigen Raum. Vor allem in Österreich fehlt es an evidenzbasierter Forschung hinsichtlich der Wirkung, Struktur und Qualität ambulanter Peer-Begleitung. Bislang existieren Peer-Programme vor allem in institutionellen Settings (Klinik, Tageszentren), häufig ohne Beteiligung der Peers an Struktur- oder Konzeptentwicklung.
Literaturstudien untermauern psychosoziale Effekte von Peer-Arbeit auf Nutzer:innen derselben, insbesondere auf psychosoziale Wirkdimensionen wie Empowerment, Hoffnung, Selbstwirksamkeit, soziale Einbindung, Lebensqualität sowie auf das Erleben von Stigma und therapeutischer Beziehung (Cooper et al., 2024; Walde & Völlm, 2025; White et al., 2020).
Auch für die Peers selbst werden positive Effekte aufgrund ihrer Tätigkeit als Peer beschrieben, wie zum Beispiel Förderung der eigenen psychischen Stabilität, Erweiterung sozialer Teilhabe, Stärkung von Selbstwertgefühl u.a. psychosoziale Aspekte (Drägestein et al., 2021; Lammers, 2025; Moran et al., 2012; Walde & Völlm, 2025). Stress, unklare Rollen, Abgrenzung zum Gegenüber können Herausforderungen für Peers darstellen (Burr et al., 2022; Lammers, 2025; Vandewalle et al., 2016).
Zielgruppe:
Das Projekt richtet sich an Menschen ab 15 Jahren mit Wohnsitz in Innsbruck und Umgebung, die einen psychosozialen Leidensdruck erfahren und über eine Eigenmotivation zur Teilnahme verfügen. Ausgeschlossen sind Personen mit akuter Selbst- oder Fremdgefährdung. Ab dem zweiten Projektjahr ist eine Ausweitung des Einzugsgebiets vorgesehen.
Ziel des Projekts:
PeerCom verfolgt das Ziel, ein partizipatives Peer-Begleitungsmodell zu erproben und seine individuellen Wirkungen auf begleitete Personen und Peer-Begleiter:innen zu untersuchen – insbesondere im Hinblick auf Empowerment, Teilhabe und Selbstwirksamkeit. Auf Grundlage der begleitenden Forschung soll PeerCom bei nachgewiesener Wirksamkeit und Qualität dauerhaft in die Regelversorgung integriert werden.
PeerCom ist ein ambulantes, niederschwelliges Peer-Begleitungsprojekt in Tirol, das vom Tiroler Interessenverband für psychosoziale Inklusion umgesetzt und vom Management Center Innsbruck wissenschaftlich begleitet wird. Ziel ist es, Menschen mit psychischen Erkrankungen durch ausgebildete Mental-Health-Peers auf ihrem Recovery-Weg zu unterstützen und psychosoziale Barrieren abzubauen. Die Peer-Begleitung stärkt auf der Seite der Teilnehmenden (Nutzer:innen) laut Literatur Selbstwert, Selbstwirksamkeit und soziale Teilhabe, beugt Rückfällen vor und erleichtert die Anbindung an Versorgungssysteme. Zugleich sollen Stigmatisierungserfahrungen verringert und die psychische Gesundheit im Alltag gefördert werden. Auch für die Peers selbst zeigt sich ein Nutzen: ihre psychische Stabilität, Rollenfindung, Teilhabe und ihr Empowerment/Recovery-Prozess werden gefördert. Methodisch setzt das Projekt auf ein partizipatives Mixed-Methods-Design, das standardisierte psychologische Skalen mit leitfadengestützten Interviews und prozessorientierten Dokumentationen verbindet. Ein zentrales Merkmal ist die konsequente Partizipation: Peers wirken an Instrumenten, Reflexionen und der Dissemination gleichberechtigt mit. PeerCom verbindet damit wissenschaftliche Evidenz mit praxisnaher Gesundheitspsychologie und leistet einen Beitrag zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention sowie zur nachhaltigen Verankerung partizipativer Peer-Arbeit in der psychosozialen Versorgung.
Webseite: www.tipsi.at; https://research.mci.edu/de/cshi
Laufzeit: Jänner 2025 bis Dezember 2027
Bisherige Erfolge: Seit dem Projektstart konnten bereits 17 Teilnehmende erfolgreich durch PeerCom begleitet werden. Damit liegen erste praxisnahe Erfahrungen vor, die sowohl für die weitere Projektentwicklung als auch für die wissenschaftliche Auswertung wertvoll sind. Auf methodischer Ebene konnten bereits die ersten quantitativen Daten aus standardisierten psychologischen Skalen sowie qualitative Daten aus leitfadengestützten Interviews erhoben werden – sowohl auf Seiten der begleiteten Personen als auch bei den Peer-Begleiter:innen. Diese Kombination erlaubt es, erste differenzierte Einblicke in Wirkungen und Prozesse der Peer-Begleitung zu gewinnen. Darüber hinaus wurde das Projekt bereits auf zwei namhaften Tagungen vorgestellt: dem Weltkongress für Psychotherapie in Wien (Juli 2025) sowie dem Qual.met Symposium in Innsbruck (September 2025). Dadurch konnte PeerCom frühzeitig in den fachlichen Diskurs eingebracht und einem breiteren Publikum aus Wissenschaft und Praxis sichtbar gemacht werden.
Einreichende Organisation/ Person: Tiroler Interessenverband für psychosoziale Inklusion – TIPSI bevollmächtigt für den Vorstand: Mag.a Iris Staffler, Vorstandsmitglied, klinische und Gesundheitspsychologin
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